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Die Welt durch Tanz begreifen

Rahmana Dziubany aus Golzow gibt Seminare in den Bereichen Heilpädagogik und Körperarbeit / Reisen als große Leidenschaft.

Von Rheinland-Pfalz ist sie mit ihrer Tochter in den Barnim gekommen: Seit 2002 bietet Rahmana Dziubany von Golzow aus Tanzlehrgänge und heilpädagogische Kurse an. Ihr Handwerk lernte die Fünfzigjährige einst auf ausgedehnten Reisen in verschiedene Teile der Welt.

 

Wer Rahmana Dziubany tanzen sieht, wird in fremde Kulturen entführt. Mit ihren Schülergruppen stellt sie sich meist im Kreis auf und statt fester Schrittfolgen gibt es oftmals einen exaltierten Ausdruckstanz. Die Musik kommt meist nicht vom Band, sondern die Tänzer singen selbst. Über das „morphogenetische Feld von Klang“ philosophiert Dziubany, wenn sie ihre Arbeit beschreibt.

 

„Der Kreis hat eine ganz starke Bedeutung im Tanz, denn wenn man sich im Kreis aufbaut, spürt man einen besonderen Gruppengeist“, erklärt die scheinbar stets lächelnde Frau. Ihr Anliegen ist es, den tänzerischen Ansatz des US-Amerikaners Samuel Lewis zu verbreiten, der von 1896 bis 1971 lebte und Tanz als eine Art Friedensarbeit und Beitrag zur Völkerverständigung begriff.

 

Rahmana Dziubany vertritt in Deutschland die Arbeit des internationalen Dachverbands der Friedenstänze Peaceworks in Seattle (USA), eine weltweit operierende gemeinnützige Organisation. Als Seniormentorin und Tanzausbilderin betreut sie Tanzgruppen. Mit dieser Arbeit und dem Institut ist sie 2002 nach Golzow gekommen. Später hat sie hier in der Region noch einen weiteren Zweig entwickelt unter dem Namen „Bildungswerkstatt Berlin-Brandenburg“. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Region in Bildungsarbeit und kulturellen Angeboten in Zusammenarbeit mit regionalen Trägern, Jugendämtern, Kitas, Schulen und anderen Einrichtungen. „Das eine ist mein Tanzbein, das andere mein Standbein“, so beschreibt Dziubany selbst die Aufteilung zwischen beiden Bereichen.

 

Das „Tanzbein“ führt sie dabei nach wie vor auf Reisen kreuz und quer durch alle Kontinente. Denn weil es in dieser speziellen Schule des Tanzes nicht viele Experten gibt, wird ihr Wissen auch auf internationaler Ebene immer wieder von Tanzschülern und -schulen angefragt. Erst kürzlich war Dziubany in Australien; im nächsten Jahr soll es nach Bali gehen. In Bosnien hat sie Menschen therapeutisch begleitet, die vom Krieg traumatisiert waren. Indien, Schottland und die Westküste der USA sind weitere Stationen im Kalender. „Man verdient nicht viel damit, aber ich kann leben und komme viel herum.“

Den Entschluss für ihren beruflichen Weg fasste Rahmana Dziubany ebenfalls unter dem Eindruck ferner Kulturen – seit sie 18 ist, reist sie durch die Welt; mit 22 wusste sie, dass sie eine tänzerische Ausbildung machen wollte.

 

Prägende Jahre sollten für Dziubany folgen, nachdem sie den legendären „Jazz-Papst“ Joachim-Ernst Berendt auf einem Camp kennenlernte. Der Produzent und Musikjournalist des Südwestdeutschen Rundfunks hatte sich zuvor bereits in jahrzehntelanger Arbeit einen Ruf als Förderer des Jazz in Nachkriegsdeutschland erarbeitet – was Marcel Reich-Ranicki für die Literatur und Joachim Kaiser für die E-Musik war, das war der im Jahr 2000 verstorbene Berendt für den Jazz.

 

Rahmana Dziubany fing an, als Sekretärin und „Mädchen für alles“ für Berendt zu arbeiten. Schließlich erarbeiteten die beiden auch gemeinsam ein Workshopprogramm. Unter dem Titel „Nada Brahma – die Welt ist Klang“ unternahmen die beiden den ambitionierten Versuch, die Klänge von Walen, Planeten und Pflanzenarten wiederzugeben. Dziubany entwickelte dazu passende Tanz-Choreographien. Eine längere Tournee sollte folgen. In den späten 80er-Jahren sind die beiden sogar von Westdeutschland in die DDR gereist, um Tanz zu unterrichten.

 

Wenn die Zeit mit dem großen Jazz-Experten auch überaus erfolgreich verlief und ihr viele Möglichkeiten eröffnete, verspürte Dziubany doch bald den Drang, eigene Wege einzuschlagen: „Berendt wurde zu einer Art Übervater für mich. Da musste ich mich loslösen.“ In der Folge begann sie, Ausbildungskurse im Bereich Tanz anzubieten. Sie war 1988 die erste, die diese Art von Tanzausbildung in Deutschland etabliert hat.

 

Mittlerweile ist ihr Haus in Golzow eine Anlaufstelle für unterschiedlichste Fortbildungsgruppen: Kindergärtnerinnen kommen hierher, um sich neue pädagogische Methoden anzueignen. Jugendämter laden sie als Therapeutin ein. Sie arbeitet auch mit behinderten Kindern zusammen, verschafft ihnen mit der Musik Erfolgserlebnisse: „Es ist faszinierend, was für lange Texte sich geistig eingeschränkte Menschen merken können, wenn sie über Musik vermittelt werden“, berichtet die Tänzerin. Im Laufe der Jahre hat sie ihr Golzower Anwesen zu einem Tagungshaus ausgebaut. Ehrenamtlich engagiert sie sich in der Integration von Asylsuchenden.

 

Aber auch stressgeplagte Berufstätige suchen Rat bei Rahmana Dziubany. So erscheinen immer wieder Pädagogen, die kurz vor dem Burn-Out stehen und bereits erste körperliche Symptome aufweisen, in ihren Tanzseminaren. „Für mich ist es völlig in Ordnung, wenn die Leute einfach kommen, um hier ein Wellness-Programm zu machen.“

 

Auf Vorbehalte ist Dziubany mit ihrem ungewöhnlichen, auf Außenstehende vielleicht esoterisch anmutenden Ansatz nach eigener Einschätzung bislang noch nicht. „Ich bin eigentlich nicht so abgehoben“, findet die 50 Jahre alte Mutter einer Tochter im Pubertätsalter. „Mir ist es wichtig, die Menschen mit ihren Problemen zu erreichen.“ Deshalb hält sie sich mit Fachausdrücken und verstiegener Sprache zurück: „Den Jargon beherrsche ich durchaus auch, in meine Bildungsangebote gehört das einfach nicht hinein.“

 

Jedes Jahr im Sommer veranstaltet sie mit einigen Mitstreitern zusammen ein Tanz-Camp in Thüringen. Rund 300 Erwachsene, 80 Jugendliche und noch einmal jede Menge Kinder kommen da für eine Woche zusammen, um Tänze unterschiedlicher Kulturen zu erlernen.