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Die Geschichte der Tänze in Deutschland

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Inmitten der Zukunft

Als ich gebeten wurde, mich einem aktualisierten Vorwort zu widmen, rechnete ich nicht damit, dass das Schreiben mich auf eine Zeitreise voller Nostalgie zu den Anfängen der Tänze in Deutschland schicken würde. Eine Reise, die mir, wenn ich sie in umgekehrter Richtung vollziehe - vom damals ins Jetzt - erscheint wie ein sich Hineinbewegen in einen futuristischen dystopischen Roman. Alles was uns seit Erblühen der Tänze in Deutschland genauso lieb wie selbstverständlich war, ist uns seit Ausbruch der Pandemie mehr oder weniger genommen - eine lebendige leibhaftige Community tanzender Kreise. Wo sind

unsere Camps, Retreats, Tanzwochenenden? Unsere Jahrzehnte gewachsene Gemeinschaft, die sich anfühlt wie Wahlfamilie, die stetig gewachsen ist, in der wir unsere Kinder großgezogen haben, existiert aktuell im virtuellen Raum. Und nein, das ist kein düsteres Szenario eines phantasievollen Schreiberlings, sondern Realität in der wir mittendrin stecken. Wie lange noch???

 

Die Tänze leben von der lebendigen Transmission, der mündlichen Überlieferung, der Übermittlung von Mensch zu Mensch, von Herz zu Herz, von Hand zu Hand. Eine Übertragung des Segensstroms durch Atem, Präsenz, heilige Gegenwart - einen wahrhaft lebendig live erfahrbaren Segensstrom. Wir frühen LehrerInnen dieser Linie stehen für den

Leitspruch einer unserer Ahnen Joe Miller, der uns mit auf den Weg gab „It cannot be taught it has to be caught“! Man kann es nicht lehren, man muss es einfangen. Darum hat sich die frühe Generation derer, die die Tänze vermittelten, auch intensivst Gedanken darüber gemacht, ob und wieweit Tänze dokumentiert und an wen sie wie weitergegeben

werden können bzw. dürfen. Die Entwicklung dazu lässt sich in Saadis erstem Vorwort nachvollziehen.

 

Die erste Generation der Tänzer*innen wurde noch vom Segensstrom Murshid Sams überschüttet. Als Murshid noch lebte, entstand der Versuch eines ersten Tanzmanuals und „Die zehn Lektionen über die Gänge“ - ein wundervoller Ansatz, unser Tanzerbe, unseren Segensstrom einzufangen. Selbst in diesen Tagen, lange vor dem Zeitalter der PCs, war es die Tinte des Herzens, die die Tänze in das Zellgedächtnis niederschrieb.

 

Heute bestücken wir ein virtuelles ausgeklügeltes Onlinearchiv unter der Webadresse https://dancesofuniversalpeace.org, wo jede/r weltweit, der sich in einer aktuellen Mentorenschaft befindet und seine Mitgliedsbeiträge zahlt, online Zugang zu Tanzbeschreibungen, Noten, Hörbeispielen und sogar Videos hat. Die hier vorliegende liebevolle und sorgfältige Auswahl der stärksten Tänze als Grundlage für unsere weltweiten Ausbildungsprogramme soll nun auch ressourcenschonend nicht mehr als umfangreiches Papierwerk kostenpflichtig zu beziehen sein, sondern dort seinen neuen Platz finden. Ein weiterer zeitgemäßer Schritt nach vorne, der es wert ist, zurückzublicken. 

 

Wie es begann - die Tänze im deutschsprachigen Raum

Auf die Ursprungsversion der Tanzunterlagen folgte ein von Saadi zusammengestelltes Tanzleitermanual. Dies wurde Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre breit gestreut in die Welt verteilt. In Deutschland landete es bei dem inzwischen verstorbenen Munir Voss (1951-2018), seit 1981 Leiter des Heidelberger Sufizentrums und bis zu seinem Tod einer der Hauptlehrer an der Seite von Pir Vilayat Inayat Khan im Sufiorden des Westens (heute Inayatiyya).

 

In den USA teilte Tasnim Hernandez die Tänze innerhalb des Sufiordens, erhob sie dadurch über die Unterschiede und Grenzen, die uns trennen; und in Deutschland waren sie vor allem oder vielleicht sogar ausschließlich in ihrer ursprünglichen Form in Sufizentren beheimatet, v.a. auf den Weihnachts- und Osterretreats mit Pir Vilayat sowie den wochenlangen Sommercamps in den Alpen und den internationalen Leiterretreats in den Pyrenäen. Als Mitte der Achtzigerjahre in den USA die ersten Tanztrainings auf Camps stattfanden, entdeckte ich für mich meine spirituelle Heimat bei Pir Vilayat, dem Sufiorden und den Tänzen unter der Obhut meiner ersten und damals Hauptlehrerin für die Tänze - der gebürtigen New Yorkerin Nur Helweg. Auch Nur war Schülerin von Pir Vilayat und tanzte noch 1970 mit Sam im New Yorker Central Park. Seit 1971 war sie selbst Tanzleiterin und eine Schlüsselfigur mit ihrem späteren Mann Akbar für die Tänze in Holland, Deutschland und im Rahmen der Sufiretreats. 

 

Als Munir Voss mir das „Teachers Dance Manual/TDM“ (Tanzlehrmanual aus USA) vermachte, war mir die Einmaligkeit und Besonderheit dieses Skriptes nicht bewusst, war es mir eine wertvolle Ressourcensammlung in meiner Anfangszeit als Tanzleiterin, da es wenig oder keine Möglichkeiten gab, an Tanzseminaren in Deutschland teilzunehmen. Natürlich ging ein ungleich stärkerer Einfluss aus von der Frau, die mir nicht nur weibliches Vorbild war in ihrer lebendigen liebevollen Präsenz als Tanzleiterin, sondern auch zur Freundin wurde - Nur Helweg.

 

Aufbruch und Wachstum

Der weltweit als Jazzpapst betitelte bekannte deutsch Musikjournalist Joachim-Ernst Berendt (1922-2000) war Ende der Achtzigerjahre als Dozent auf einer der legendären Musikwochen des Suficamps in den französischen Alpen geladen und entdeckte dort den Wert und seine Liebe zu den Tänzen des Universellen Friedens. In den Folgejahren entwickelten wir gemeinsam ein Workshopprogramm, mit dem wir durch Deutschland, die Schweiz, Österreich und Italien tourten. Dank seines Bekanntheitsgrades und der in kürzester Zeit breitflächigen Streuung der Tanzsamen kam es zu einem rasanten Wachstum und Interesse an den Tänzen, vermehrten Einzelengagements in bundesweiten Kultur- und Tanzzentren und einigen Presseartikeln.

 

Das von einer Gruppe gleichgesinnter Sufis neugegründete Zentrum Sophienhof in Kimratshofen im Allgäu wurde zum ersten deutschen Ausbildungsinstitut der Tänze. In zeitlich kurzer Abfolge wurden mehrere Ausbildungsgruppen abgehalten. Die Teilnehmer*innen konnten sich dem Enthusiasmus der Aufbruchsenergie nicht entziehen. Nicht nur, dass wir von früh bis spät uns dem Tanzen verschrieben hatten. In jeder freien Minute übersetzten alle, die konnten, freiwillig das uns zur Verfügung stehende englische Material und tippten es damals noch fleißig wie mühselig in die Schreibmaschinen. Ein auf unsere Region zugeschnittenes Repertoire wurde zusammengestellt, Übungskassetten für zuhause gemeinsam auf die Kassettenrecorder gesungen. Die ersten improvisierten Handouts wurden über die Jahre erweitert mit ergänzenden Lehrmaterialien aus den Schriften von Hazrat Inayat Khan, Originaltexten aus den Weltreligionen, Ressourcenmaterial mit Fotos und Texten aus anderen inhaltsrelevanten Quellen, Methodik, Didaktik – ähnlich wie, nur um vieles ausführlicher als die viele Jahre später entwickelte TDM-Sammlung und auch mit dem Unterschied, dass erweitertes pädagogisches Material zur praktischen Anwendung und Adaption der Tänze für besondere Zielgruppen, v.a. Kinder und Menschen mit Behinderungen, mit zu den Inhalten gehörte.

 

Gita Onnen und Verena Hochheimer stießen bald hinzu, formierten das neue Ausbildungsteam, das v.a. in Süd- und Mitteldeutschland anleitete, während Nur und Akbar in Berlin Trainings anboten. Die von Gita, Verena und mir auf zwei Jahre konzipierten Ausbildungsgruppen erstellten mit Hilfe der Teilnehmer*innen umfangreiche Textsammlungen als Ergänzungsmaterial zum Tanzrepertoire. Es bleibt zu fragen, ob dies der „deutschen“ Gründlichkeit oder dem Enthusiasmus der ersten Stunde geschuldet ist. Aus den jahrelangen Ausbildungen gingen viele Nachwuchstanzleiter*innen hervor, die heute bundesweit zu finden sind und teilweise selbst Ausbildungen anbieten.

 

Die Zunahme an Bürokratie erforderte Hilfe durch freiwillige Helfer und Khadi Schäckermann vom Sufiorden des Westens, Karin Amina Vorholzer, sowie Qadima Sabine Brandt waren die ersten Sekretärinnen und Vorreiter. Die Schreibmaschinen hatten ausgedient und die ersten PCs wurden angeschafft und erleichterten Kommunikation und Archivierung in unserer Region.

 

Tanzen für alle!

Bei der zweijährigen Tätigkeit als Hausmutter in einer Camphill-Gemeinschaft in Südengland Mitte der Achtzigerjahre war die Idee einer wöchentlichen Tanzgruppe eigentlich aus einer persönlichen Not geboren. Ich vermisste die Tänze, das Singen, konnte aber wegen meines enormen Arbeitspensums wenig Zeit für Extras aufbringen. Die gelegentliche Teilnahme an den ersten Tanzausbildungsretreats, die seit 1988 alljährlich mit Saadi und Amida Harvey stattfanden, bildeten eher die Ausnahme. Mit Unterstützung der Circledance-Kollegin Rosie James etablierten wir ohne Vorerfahrung oder Vergleichswerte einen Tanzkreis; heute würde man sagen mit Inklusionscharakter. Unsere Tanzgruppe bestand v.a.

aus Menschen, die man nach anthroposophischer Manier „seelenpflegebedürftig“ nannte oder im deutschen heilpädagogischen Kontext mit Labels versieht wie Autist, lern- bzw. geistig behindert, psychisch krank etc. Auf dem Hintergrund des Camphill-Ideals, jedoch trafen hier Menschen auf Menschen - die Dörfler in der Village-Hall zum Tanzen zusammen. Wir probierten querbeet alle Traditionen und Mantren, unterstützt von unserer blinden sehr exzentrischen liebenswerten Pianistin Julia. Der positive oft unerklärliche Effekt der Tänze auf diese besondere Zielgruppe blieb auch den langjährigen MitarbeiterInnen nicht verborgen.

 

Auf dem Hintergrund dieser wertvollen Lebenszeit und des gesammelten Erfahrungsschatzes kristallisierte sich eine Intention und Vision heraus, die die Entwicklung der Tänze in Deutschland und deren Ausbreitung beeinflussen sollte - den unermesslichen Schatz dieser Tradition, dieses Segensstroms, gekommen durch Samuel Lewis, noch weiter hinauszutragen in die Welt: Von den tanzenden Hippiekreisen über die tanzenden Sufis raus aus einem religiös-spirituellem Nischendasein der Meditationsszene hinein in alle erdenklichen gesellschaftlichen, sozialen, kulturellen Bereiche.

 

Seit Beginn der Neunzigerjahre entstanden die beiden Ausbildungsformate für besondere Zielgruppen: der „Tanz des Lebens“ - eine Kindertanzausbildung sowie die „Heilpädagogische Tanz-, Märchen- und Spielschule“ über den Zusammenschluss mehrerer Lebenshilfelandesverbände mit inhaltlichen Modulen basierend auf den spirituellen Haupttraditionen der Erde. Die Tänze wurden entsprechend der Originalfassung adaptiert, wenn möglich 1:1 übernommen und mit zusätzlichen Inhalten aus den Bereichen Märchen, Entspannungs- und Meditationstechniken für Kinder, Theater und kreatives Spiel, Wahrnehmungsübungen versehen. In der Erstellung der Curricula und der jahrelangen Ausbildung waren Sabine Raile und später dann Christian Khabir Mayer-Glauninger die verantwortlichen Co-

Dozenten.

 

Das auf deutsche Verhältnisse zugeschnittene Repertoire ist nicht in dieser Form in das internationale hier vorliegende TDM eingegangen, soll aber aufgrund seiner Wichtigkeit nicht unerwähnt bleiben. Seit den Neunzigerjahren wurden bundesweit hunderte von Menschen in Kindertanz und heilpädagogischem Tanz ausgebildet und arbeiten an der

Basis in den unterschiedlichsten Settings (Kitas, Schulen, heilpädagogischen Einrichtungen). Mutigen engagierten Pionierinnen wie z.B. Savina Schildknecht verdanken wir es, dass auch im Kinderhospiz, in der Psychiatrie, in einer Blindenschule und Obdachlosenheimen die Tänze ihren Segen ausbreiten konnten.

 

We are a family!

1989 war ein historischer Moment in der Geschichte Europas und auch der Tänze. Nach dem Fall des „eisernen Vorhangs“ reiste eine Gruppe amerikanischer Tänzer*innen nach Russland, ich nach Polen, mit Hans Matin Vorholzer in die ehemalige Tschechoslowakei und noch vor dem Fall der Berliner Mauer mit Joachim-Ernst Berendt in die damalige DDR. Das MIR-Projekt war geboren, das sich der Unterstützung von tanzinteressierten Menschen annahm durch Stipendien und Einladungen in bestehende Ausbildungsgruppen oder Events. Das erste durch das Internationale Tanznetzwerk gesponserte Peace-through-the-Arts-Camp in England konnte bald eine Gruppe junger enthusiastischer Russ*innen einladen. Selbst Brasilien zählte ursprünglich zu den unterstützen Regionen - heute ein florierendes Tanznetzwerk.

 

Die Tänze dehnten sich immer weiter aus über unseren Planeten und brachten uns enger zusammen als eine Familie in einem gemeinsamen Geist. Im Jahr der Tanzpilgerreise nach Israel, Syrien und Jordanien zogen Saadi Neil Douglas-Klotz und Kamae Amrapali Miller nach England und wurden in den Anfangsjahren der deutschen Tanzbewegung zu unentbehrlichen Geburtshelfern. Auch bei uns begannen die jährlichen Tanztrainings. Sie halfen uns bei der Gründung eines Vereins, dem NdL e.V., bei eigenen CD-Produktionen, Publikationen, den ersten in unserer Region entstandenen Tänzen, die auch Aufnahme ins Archiv fanden, aber v.a. beim Aufbau des NdL - dem Netzwerk der Tänze des  Universellen Friedens in den deutschsprachigen Ländern. 

 

Aus der Sicht vieler, die diese Anfangsjahre miterlebt und geprägt haben, waren diese beiden der Boden auf dem sich aus einer 1-Frau-Tanzmission eine breite Basis sich einander zugehörig fühlender Menschen zusammenfand, die bis zum heutigen Tage in den unterschiedlich wechselnden ehrenamtlichen Arbeitsgruppen dem Wachstum und der Verbreitung der Tänze dienen. Während uns Saadi eine ständige geistige Inspirationsquelle war durch das unerschöpfliche Repertoire seiner Tänze, die aramäische Arbeit und die vielen vertiefenden Aspekte der Tänze und Sufibotschaft, kreierte Kamae ein Gefühl der Mütterlichkeit für viele von uns. Selbst ohne eigene Kinder wiegte sie unsere Babies, nahm sich mit ihrer Wärme unserer Kinder an und war für uns da mit unseren Sorgen und Fragen. Bis zu ihrem Tod - in einer Zeit, in der sie durch mehrere Schlaganfälle gezeichnet war und selbst kaum sprechen konnte - sorgte sie sich um uns und unsere Familien. Dass in Deutschland neben England eines der weltweit ältesten Familiencamps (seit 1994) beheimatet ist und sich eine lose Tanzbewegung immer mehr als Tanzfamilie begriff, ist zweifellos eine Folge dieser frühen prägenden Zeit mit diesen beiden großartigen Lehrern.

 

Ausblick

Was hat das alles mit einem Tanzmanual zu tun? Man möge mir den nötigen Abschweifer verzeihen. Immer wieder betonen wir die Bedeutung der Lebendigkeit einer Transmission und ohne die Notwendigkeit dieser Tanzsammlung, die nun virtuell ins Archiv eingespeist werden soll, in Frage zu stellen, ist es doch nicht mehr als eine Gedächtnisstütze, auf die

wir zurückgreifen, um erfahrenen Tanzsegen in seinen formellen Aspekten nachzulesen. Das geschriebene Wort ersetzt nicht die getanzte Erfahrung, die Atmosphäre, die wir gemeinsam erschaffen, wenn wir uns dem Mantra hingeben.

 

Ich wurde in einer sehr besonderen Zeit gebeten dieses Vorwort zu schreiben. Einem historischen Moment in der Menschheits- und Tanzgeschichte, einer allumfassenden globalen Krise, ausgelöst durch ein bis dahin unbekanntes Virus, das weltweit fühlbar die Zeit anhält und uns liebgewordene Gewohnheiten auf den Prüfstein legt. Das Hand zu Hand und Herz zu Herz ist uns aktuell genommen, wenn wir diese Tänze in das Computergedächtnis einspeisen.

 

Seit den späten Sechzigerjahren haben sich die Tänze nun über unseren Globus ausgedehnt, über eine halbe Million Menschen berührt. Noch immer tanzen wir weltweit - aber jede/r für sich alleine vor dem PC. Wie lässt sich weitertanzen, weiterlernen? Wie können die, die auf dem Tanzweg voranschreiten wollen, ihre Erfahrungen in Tanzkreisen sammeln und dann das Gelernte in einem Archiv nachschlagen, wenn es keine Tanzkreise mehr gibt? Werden wir uns weiterhin weltweit über die Email Foren der internationalen Tanzmentor*innen und Tanzleiter*innen austauschen, welche Herausforderungen in unseren lokalen Online-Tanzkreisen das ZOOM-Tanzen mit sich bringt? Oder befinden wir uns

in einer zeitlich begrenzten Herausforderung und die Gemeinschaft, die wir so lieben, wird sich wieder leibhaftig zusammenfinden?

 

Im November 2020 nahmen Khabir Mayer-Glauninger, Sophia Kimpel und ich als Vertreter von drei Generationen unserer Tänze an einem Onlinekongress teil. „Wie soll ich mir das vorstellen, dass ihr über Zoom tanzt“ war die ungläubige Frage der Moderatorin und sie bat uns um eine Demonstration. Getrennt voneinander an drei Orten über drei Bildschirme zeigten wir Lied, Tanz und Körpergebet und ließen sie an dieser und einer anderen Stelle zum Abschluss unserer Session unfähig zu sprechen zurück. Sie war zu Tränen gerührt und konnte nicht mehr weitermoderieren. Es war ihre erste Begegnung mit den Tänzen. Ihre Reaktion muss nicht repräsentativ sein, aber sie wirft in mir viele Fragen auf: Kann der Segen übertragen werden über einen Computer als Medium? Wirkt das Mantra auch, wenn wir uns nicht atmend an den Händen halten und nur zuhören, zuschauen, nicht aktiv partizipieren? Wie werden sich unsere Tänze, unser Tanzarchiv weiterentwickeln? Können neue Tänze entstehen und archiviert werden, wenn wir keine Kreise haben sie zu tanzen?

 

Die Geschichte unserer Linie, unseres Segensstroms, lebt von den menschlichen Begegnungen. Rückblickend erlebe ich auch ganz bewusst, wie der Geist der Führung durch mich und alle, die ihren Part einnahmen, wirkte und noch weiter wirkt. Viele haben diesen inneren Ruf vernommen, sich in den Dienst gestellt und tun es noch - mit mutigen Pionierleistungen, kreativen Ideen, visionären Projekten u.so v. m. Jetzt stehen wir vor neuen Herausforderungen, für die wir keine Vergleichswerte haben. Lasst uns doch weiter vertrauen in diesen Geist der Führung, der uns leitet, verbindet als eine große Gemeinschaft. 

 

Wir sind keine träumenden Tänzer*innen oder Protagonisten einer futuristischen dystopischen Geschichte. Wir tanzen weiter für den Frieden - auf alten und neuen Wegen!

 

War es nicht Murshid Sam, der uns gelehrt hat: Das Leben ist ein Abenteuer. Let ́s face it.

The dance will go on!

 

 

Rahmana Dziubany, Dezember 2020